Sci-Fi und Deutschland, diese beiden Begriffe scheinen heutzutage nicht wirklich zusammen zu gehören. Doch es hätte ganz anders kommen können, denn in den 60ern wurde der Grundstein für deutsche Science-Fiction gelegt. Doch das Haus wurde nie gebaut. Die legendäre Raumpatrouille wird heute 50 Jahre alt.
Das Bügeleisen im Kommandostand
Das Bügeleisen, eingebaut in den Maschinenleitstand der Orion, ist heute wohl das Symbolbild für deutsche Science-Fiction und der Ursprung des Klischees mit wenig Geld futuristische Welten schaffen zu können. Johannes Bade, Produzent des deutschen Independent-Films Das letzte Land weiß, wieviel Einfallsreichtum dazugehört, wenn für die Erschaffung eines Raumschiffs kaum Budget zur Verfügung steht. Das Klischee-Bügeleisen, so erzählt er uns in der zehnte Ausgabe unseres Podcasts, sollte es aber gerade deshalb nicht in Das letzte Land geben. Dabei mag er die Serie mit dem Bügeleisen, die bisher in Deutschland leider einzigartig geblieben ist: Raumpatrouille.
Die siebenteilige Sci-Fi Serie um die phantastischen Abenteuer des Raumschiffs Orion wurde heute vor 50 Jahre zum ersten Mal in der ARD ausgestrahlt. Es ist schon erstaunlich, dass die mittlerweile ikonischen Raumschiffe Orion und Star Treks U.S.S. Enterprise ihre Jungfernflüge im Jahr 1966 im Abstand von knapp einer Woche absolviert haben. Mögliche Gemeinsamkeiten zwischen beiden Serien sind damit wohl definitiv dem Zufall geschuldet. Im Kontext ihrer Entstehung unterscheiden sich beide Serien allerdings wie Tag und Nacht.
Einfallsreichtum und komische Begriffe
Auf der einen Seite das bunte und aufwändig produzierte Star Trek, das als Aushängeschild für das gerade in den USA eingeführte Farbfernsehen dienen sollte und auf der anderen die mit wenig Geld, aber mit viel Liebe zum Detail produzierte Schwarz-Weiß-Serie der ARD. Der Einfallsreichtum und die Improvisationsgabe des heute 87-jährigen Raumpatrouille-Designers Rolf Zehetbauer, der u.a. mit Bügeleisen, Badewanneneinläufen oder Bleistiftanspitzern eine futuristisch aussehende Kommandozentrale bauen ließ, lassen manchen Nachteil der deutschen Produktion vergessen.
Während heutzutage Begriffe wie Warp-Geschwindigkeit, Sternenflotte oder Beamen zum festen Teil der Popkultur geworden sind, so können nur noch eingefleischte Sci-Fi-Fans etwas mit Lichtwerferbatterien, Astroscheiben, den terrestrischen Raumaufklärungsverbänden, den Frogs oder Abkürzungen wie MZ4 und ASG anfangen.
Draufgängertum gegen die Frogs
Die stark militaristisch geprägte Serie Raumpatroille, mit Dietmar Schönherr als draufgängerischer Major Cliff Allister McLane in der Hauptrolle, hält sich nicht zurück mit allerlei kurios klingenden Begriffen und schafft sich so durch das Verschwinden der Grenze zwischen Fiktion und der Realität eine einzigartige, aber auch schlüssige Hyperrealität. Eine Zukunftsversion der Menschheit aus Sicht der 1960er Jahre, in der die Menschheit den Weltraum kolonisiert hat und sich im Verlauf der Serie gegen eine Invasion der mysteriösen Frogs wehren muss. Die Serie erzählt in ihren sieben Episoden die Geschichte von McLane, der bei den schnellen Raumverbänden in Ungnade gefallen ist und daraufhin mit seiner Orion zum „langweiligen“ Patrouillendienst verdonnert wird. Mit der Beamtin Tamara Jagellovsk muss er zudem noch eine Aufpasserin vom Galaktischen Sicherheitsdienst GSD mit an Bord der Orion nehmen. Der gerne mal einen Befehl ignorierende McLane und die regeltreue Jagellovsk, gespielt von Eva Pflug, geraten daher im Verlauf der Serie häufiger aneinander, entwickeln aber mit der Zeit auch einen großen gegenseitigen Respekt und spielen eine entscheidende Rolle im Konflikt gegen die Frogs.
„Viel schlimmer – das war Science Fiction!“
Im Vergleich zu Star Trek wirkt Raumpatrouille heutzutage nicht nur optisch antiquierter, sondern auch inhaltlich gibt es so manche Momente, über die moderne ZuschauerInnen hinwegsehen müssen. Gerade die militärische Ausrichtung der Serie mit Massenvernichtungswaffen wie dem Overkill, einer flapsigen aber auch gelgentlich sexistischen Sprache oder den spacigen und sehr trashig wirkenden Tänzen im „Starlight Casino“ müssen nicht allen gefallen. Trotzdem erzählt Raumpatrouille auch heute noch eine sehr interessante und spannende Geschichte und sollte daher nicht in Vergessenheit geraten. „Sag’ einmal Atan, das Ganze war doch wohl nur ’n böser Traum, was?“, fragt Bordingenieur Hasso Sigbjörnson am Ende der erste Episode Angriff aus dem All. „Viel schlimmer – das war Science Fiction!“, antwortet Astrogator Atan Shubashi und fasst damit zusammen, wieso Raumpatrouille auch heute noch eine enorme Bedeutung innerhalb der deutschen Filmlandschaft inne hat. Es wird Zeit, dass sich die Filmindustrie wieder an fantastische Stoffe herangwagt. Das dies geht, zeigen nach wie vor die Abenteuer des Raumschiffs Orion.
Wer also sein Gedächtnis auffrischen möchte, sollte das 50-jährige Jubiläum der Serie nutzen, um mal wieder mit der Orion einen Unterwasserstart zu erleben und den Rückstürz in die deutsche Sci-Fi der 60er wagen.
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