Folge 8 von Westworld positioniert die Schachfiguren auf dem Brett für ein großes Finale – die Frage ist nur, was die Spielregeln sind.
Achtung, Spoiler! Diese Review bespricht konkrete, (für mich) interessante Aspekte der aktuellen Folge und sollte erst nach deren Konsum gelesen werden.
Wann ist es?
Dolores und William sind den Mann in Schwarz auf seiner Suche nach dem Labyrinth dicht auf den Fersen – oder vielleicht auch gar nicht, denn Dolores zeigt in dieser Folge zum ersten mal offenkundig, dass mit ihrer Wahrnehmung irgendetwas nicht mehr stimmt – sie erlebt mehrere Szenen in verschiedenen Zeitebenen und verliert darüber fast den Verstand. Die bereits genannte Zeitebenen-Theorie scheint damit quasi bewiesen, aber wie genau das alles nun chronologisch zusammenhängt bleibt weiter unklar.
Die versunkene Stadt (die Ford vielleicht gerade am anderen Ende des Parks wieder aufbaut?) hat auch für Dolores offenbar eine zentrale Bedeutung und ich bin mir fast sicher, dass sich dort auch die bei Ted eingepflanzten Kriegserinnerungen an seinen Wyatt abspielen, aber ich bin ein wenig zu faul um Szenenschnipsel zu vergleichen. Was meint ihr?
Dolores fragt William: „Bist du real?“ Bis vor einer Folge hätte ich das als Dramatik abgetan, aber wer weiß. Durchaus möglich ist, dass er nur (noch) eine Erinnerung an eine frühere Begegnung ist.
Spielfiguren der Götter
Bernard leidet unter der Unvereinbarkeit seines programmierten Gehorsams gegenüber Dr. Ford mit seinen Gefühlen für Theresa und Jeffrey Wright zeigt uns in der Eröffnungsszene der Folge eine Abfolge von Gefühlswogen bis hin zur unbändigen Wut gegen Ford – bis dieser die Emotionen seiner Schöpfung einfach wieder abstellt oder zumindest soweit unterdrückt, dass er sich um die Vertuschung des Modes kümmern kann. Theresas Tod wird von Ford geschickt genutzt, um alle Bemühungen von Delos auf einen Schlag wieder zunichte zu machen – auch wenn diesmal Hale die ganze Show nicht wirklich abzukaufen scheint. Ihr neuer Plan, um Daten herauszuschmuggeln, könnte aber durchaus einen Haken haben – die Verwendung des „defekten“ Hosts Peter Abernathy, Dolores‘ Vater aus Folge 1.
Am anderen Ende des Parks verfolgt der Mann in Schwarz zusammen mit Teddy weiter den mysteriösen Schurken Wyatt, dessen Handlanger auch bei mehr Licht noch eher monströser Natur sind. Die Überraschung der Folge ist, dass sich Teddy plötzlich wieder an die Ereignisse der ersten Folge erinnert und den Mann in Schwarz als den Angreifer erkennt, der ihn erschossen und Dolores vor seinen Augen weggezerrt hat. Scheinbar ist also auch Teddy, der bislang noch am „funktionalsten“ gewirkt hat, von den Erinnerungen an frühere Leben betroffen. Teddy verschafft uns so einem längeren Monolog des Mann in Schwarz, der uns neben dessen semi-tragischer Hintergrundgeschichte auch die genauen Umstände für Maeves Erinnerungen an ein früheres Leben liefert.
Aufstand
Maeve ist also nicht erst seit kurzem widerspenstig, was die Akzeptanz ihrer angedachten Rolle angeht. Ihr Plan, aus Westworld zu entkommen, nimmt langsam Formen an, aber hängt weiter von der Kooperation ihrer zwei „Mechaniker“ ab. Immerhin wird ENDLICH thematisiert, warum und wie die beiden sich noch aus der Bredouille ziehen könnten, aber Westworld bedient sich der recht banalen Lösung, weiter auf die totale Naivität von Felix zu setzen, der Maeve endgültig zur Superwaffe aufrüstet.
Na gut, da müssen wir mit leben, Maeve selbst macht den Plot um die Figur immerhin schon alleine sehenswert genug. Ihre neue „Superpower“ als Erzählerin ist amüsant zu beobachten und macht Lust darauf zu sehen, wo das hinführt. Gehen ihre Fähigkeiten so weit, dass sie andere Hosts auch außerhalb des Parks, in der „Garage“, kontrollieren kann? Oder plant sie nur ein riesiges Ablenkungsmanöver?
Insgesamt positioniert die Folge alle Akteure für das Finale: Teddy und der Mann in Schwarz haben ihre Beziehung dank zurückgekehrter Erinnerungen neu definiert und Wyatts Bande gefunden. Dolores und William sind dem Ziel scheinbar schon sehr nahe und gleichzeitig ist weniger klar denn je, was nun geschehen wird. Maeve probt den Aufstand und hinter den Kulissen eskaliert Charlotte Hale ihre Pläne in eine neue, noch riskantere Richtung. Über allem steht Ford, dem ich zutraue, fast alles darüber zu wissen und vielleicht sogar geplant zu haben – aber eben nur fast. Hochmut kommt vor dem Fall, und niemand fühlt sich seinen Mitmenschen überlegener als Dr. Robert Ford.
Westworld kann aktuell in Deutschland exklusiv auf Sky geschaut werden.
Unsere Review zur vorherigen Episode gibt es hier: Kai schaut Westworld: Episode 7 – Trompe L’Oeil