Die dritte Folge von Westworld gibt tiefere Einblicke in die Mechaniken des Parks und die Psyche der Bewohner – und noch mehr unbeantwortete Fragen.
Achtung, Spoiler! Diese Review bespricht konkrete, (für mich) interessante Aspekte der aktuellen Folge und sollte erst nach deren Konsum gelesen werden.
Nachdem letzte Woche die Einführung der Parkbesucher William und Logan im Zentrum stand, folgen wir diesmal wieder vornehmlich den Hosts Dolores und Teddy und en Mann in Schwarz kriegen wir diesmal nur in Rückblenden zu sehen.
Auf der Androiden-Couch
Dolores Störungen werden von Bernard (unter der Hand, böser Junge!) genauer untersucht und ich lerne diese Psychoanalyse-Sitzungen der Serie immer mehr zu schätzen: Jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, fällt mir umso deutlicher auf, wie elegant Evan Rachel Wood die Übergänge zwischen den Gesichtsausdrücken von Dolores‘ verschiedenen Modi spielt. Was am Ende der ersten Episode noch vor allem durch den starken Kontrast auffiel, als ihr Lächeln wie die Sonne aufging, zeigt jetzt auch wesentlich subtilere Unterschiede. Bernards Faszination mit Dolores wird fühlbar durch die damit angedeutete Vielschichtigkeit des Hosts – auch für uns. Die restlichen Szenen zeigen uns dann vor allem wieder, wie sich die „Träumereien“ der Hosts mit den Erinnerungen an ihre vergangenen „Leben“ wohl anfühlen müssen.
Nett inszeniert war die neue „Quest“ mit Teddy und den unbekannten Newcomern, die aber letztlich vor allem Horror-Tropes zitiert hat, um HBOs Blutminimum zu erfüllen: Teddy bekommt von Dr. Ford eine erweiterte Hintergrundgeschichte spendiert, die ihn im Laufe der Episode in ein blutiges Horrorszenario führt. Insbesondere Anhand dieser Storyline zeigt uns Westworld aber auch einmal mehr geschickt, wie so ein gigantisches, interaktives Spiel überhaupt funktionieren könnte. Die bislang unbekannten Newcomer lassen sich von den Hosts auf ein Abenteuer einladen. Als es ans Eingemachte geht, erlaubt die Geschichte aber die Wahl: Ohne große Diskussion wird ein Besucher von einem Host wieder zurück in die Stadt geführt, als es ihm zu bunt wird, während die anderen weitermachen. So könnte auch geschickt konstruierte Entscheidungsfreiheit in Videospielen aussehen. Die Folge beschäftigt sich sowieso viel mit den Geschichten und ihren narrativen Möglichkeiten: Gleich mehrere, teilweise bekannte „Loops“ werden von Dolores und Teddy in dieser Folge partiell durchlaufen – für uns als Zuschauer entsteht damit langsam ein Gefühl wiederkehrender Träume: Stets etwas anders, mal mit diesen und mal mit jenen Akteuren, aber doch irgendwie gleich. Dolores‘ Versuch, daraus auszubrechen, wird von Teddy unterbunden – was auch seine Aufgabe ist, wie Ford später erklärt.
Andeutungen, Andeutungen
Generell verrät uns die Folge wieder viel über die Mechaniken hinter dem Park – noch ist das absolut faszinierend, aber ich hoffe es nimmt keine Überhand und wird dann auch konsequent umgesetzt. Bislang scheint aber alles durchaus wichtig: Zum einen bekommen wir wieder offensichtliche Andeutungen für den kommenden Robo-Aufstand, als Security-Mann Stubby (Luke Hemsworth, der älteste und kleinste der drei Hemsworthes) bemerkt, dass nur eine Zeile Programmcode die Hosts daran hindert, Menschen anzugreifen, zum anderen bemerkt Ford am Rande einer längeren Szene, dass das Vergessen angesichts des gelinde gesagt „lieblosen“ Umgangs mit den Gästen das Mindeste sei, das man den Hosts angedeihen lassen kann – was offenbar nicht mehr so recht funktioniert.
Das ist alles schon fast ZU offensichtlich, aber in der gleichen Szene philosophiert der wieder herrlich undurchsichtige Anthony Hopkins dann auch über Konzepte des Bewusstseins, künstlicher Intelligenz und erinnert sich an die Anfänge des Parks: Er streut viele Andeutungen über seinen alten Partner Arnold – ist er die Stimme, die Dolores hört? Hat es den Durchbruch für echtes Bewusstsein schon gegeben und das hat Arnold das leben gekostet? Ford scheint energisch darauf bedacht, seinen Mitarbeitern die Hosts als leblose Spielzeuge darzustellen – aus den Erfahrungen seines Partners heraus? Generell scheinen an dieser Stelle sowohl Bernard als auch Ford wieder weniger „verdächtig“, für die Abnormalitäten der Hosts verantwortlich zu sein, aber das mag auch alles nur Ablenkung sein.
Entlaufen
Ansonsten bemüht sich die Folge, diversen Nebenfiguren etwas mehr Substanz zu geben und bekanntes weiter zu verinnerlichen: Neben Einblicken in Bernards schmerzhafte Vergangenheit darf auch Elsie Hughes (Shannon Woodward) gemeinsam mit Stubbs auf der Suche nach einem Entlaufenen Host sehr lange durch die Landschaft tingeln. Das Resultat sind zwei mäßig gruselige und wieder recht bizarre Horror-Szenen, die aber außer dem bereits bekannten „irgendwas stimmt mit den Hosts nicht“ wenig Neues bieten. Eines ist mir aber aufgefallen: Sowohl Dolores‘ Probleme mit der Nutzung des Revolvers als auch die Selbsttötung des entlaufenen Hosts (anstatt Hughes anzugreifen) deuten darauf hin, dass die Programmierung wohl (noch) keine Verletzung von Menschen zulässt.
Insgesamt eine eher ruhige Folge, trotz einigen Geballers. Die Welt hinter der Welt von Westworld fasziniert mich momentan am meisten, und es macht Spaß, sie weiter zu entdecken.
Westworld kann aktuell in Deutschland exklusiv auf Sky geschaut werden.
Unsere Review zur vorherigen Episode gibt es hier: Kai schaut Westworld:
Episode 2 – Chestnut