Star Trek – Discovery verzögert sich noch, daher wollen uns an dieser Stelle mit der aktuellsten Episode von Star Trek Continues befassen. Die Fanserie von Produzent Vic Mignogna thematisiert in ihrer neuesten Folge ein Defizit der klassischen TV-Serie in bester Star Trek-Manier.
Worum gehts?
In Embracing the Winds kämpft Commander Diana L. Garrett, gespielt von Claire Kramer (Glory aus Buffy Staffel 5) vor Gericht für ihr Recht auf eine Beförderung zum Rank des Captains eines Raumschiffes. Es geht um Feminismus im 23. Jahrhundert und den richtigen Umgang um Diskriminierungen zu überwinden.
Star Trek in den 60er – ein Kind seiner Zeit
Wie jede Medienproduktion ist auch Star Trek ein Kind ihrer Zeit. Vollgestopft mit Wertvorstellungen, Normen oder gesellschaftlichen Darstellungen über den sich die Macher unter Umständen zur Entstehungszeit keine bewussten Gedanken gemacht haben. Star Trek ist als Serie natürlich keine Ausnahme. Zwar gelobt für seine fortschrittliche und inklusive Darstellung einer Zukunft in der Menschen unterschiedlicher Hautfarben oder Nationen bei der Erkundung der Galaxie friedlich nebeneinander arbeiten – aber trotzdem auch durchsetzt mit dem Mief des Gesellschaftsbildes der 1960er Jahre in der die Serie entstanden ist.
Frauen im klassischen Star Trek
Gerade das Frauenbild lässt in der klassischen Star Trek-Serie noch viel zu wünschen übrig. Gut, es gibt mit Uhura eine Frau als Teil der Brückencrew, aber eine Gelegenheit ihre Kommandofähigkeit zu zeigen bekam sie in den 79 Episoden von Raumschiff Enterprise nie wirklich. Andere Frauenfiguren können zwar Experten in ihren jeweiligen wissenschaftlichen Feldern sein, aber werden meistens dann trotzdem vorrangig nur als potentielle Liebhaberinnen in die Episoden eingebaut. Von den verschiedenen Frauen einmal abgesehen, welche als Yeoman vor allem nur für administrative Tätigkeit direkt dem Captain unterstellt sind, aber nicht zu den Offizieren des Schiffen gehören.
Sie reichen nicht nur Berichte, bringen eine Tasse Kaffee vorbei, sondern geben sogar Nackenmassagen für den gestressten Captain auf der Brücke. Weit weg also von der eigentlich als progressiv geltenden Zukunft von Star Trek. Einen weiblichen Captain gibt es in der klassischen Serie schlicht nicht.Symptomatisch ist vor allem die 79. und letzte Episode von Raumschiff Enterprise, The Turnabout Intruder (dt. Gefährlicher Tausch).
Mehr schlecht als recht wird darin die Ungleichheit zwischen Mann und Frau in der Sternenflotte als Aufhänger für das Drama der Folge benutzt. Janice Lester tauscht darin mithilfe eines außerirdischen Gerätes den Körper mit Captain Kirk. Ihr Ziel: Sie möchte endlich das Kommando über ein Raumschiff inne haben. Ein Traum der ihr vorher verwehrt geblieben ist – weil sie eine Frau ist. Lester im Körper von Captain Kirk bedient dabei jedes Klischee eines konservativen Frauenbildes. Von überzogener Emotionalität bis hin zum Vorwurf sich hysterisch zu verhalten. Nicht gerade Star Treks Sternstunde.
Der Feminismus von heute in einer Serie von damals
Die Fanserie Star Trek Continues versteht sich als Fortsetzung der klassischen TV-Serie, wird aber in der Gegenwart produziert und benutzt daher Wertvorstellungen, Normen oder gesellschaftlichen Darstellungen unserer Gegenwart. Embracing the Winds versucht mit einer stark feministisch geprägten Handlung das in der klassischen Serie benutze problematische Frauenbild der 60er Jahre zu thematisieren und aufzubrechen um so die Brücke zu später entstandenen Star Trek-Produktionen zu schlagen. Darin sind weibliche Captains keine Besonderheit mehr. Sei es nun in den Produktionen Star Trek – The Next Generation (1987-1994), Star Trek – Deep Space Nine (1993-1999), Star Trek – Voyager (1995-2001) und sogar die ca. 100 Jahre vor den Abenteuern von Captain Kirk spielende Prequel-Serie Star Trek – Enterprise (2001-2005) mit Scott Bakula als Captain Archer.
Respekt und viele Referenzen
Embracing The Winds vollzieht dabei ein Retcon. Dies steht für Retroactive Continuity und bedeutet, dass in diesem Fall im Nachhinein eine Erklärung für die fehlenden weiblichen Captains in der klassischen Serie geliefert wird. Die etablierte Kontinuität wird also nachträglich uminterpretiert. Dadurch verbindet Embracing The Winds die Welt des 23. Jahrhunderts mit den gesellschaftlich fortschrittlicher wirkenden anderen Epochen der Star Trek-Zeitlinie. Die Episode behandelt das Thema Feminismus respektvoll, wenn auch wenig subtil. Damit ist die Serie aber stilistisch auf gleichen Pfaden unterwegs wie andere Folgen der klassischen TV-Serie. Embracing The Winds ist vollgestopft mit vielen passenden Referenzen und Anspielungen auf andere Star Trek Geschichten mit Feminismus-Bezug. Die offensichtlichste ist sicherlich der Namen der in dieser Episode für ihr Recht kämpfenden Diana Garrett. Fans kennen natürlich eine Nachfahrin dieser Figur: Captain Rachel Garrett. In der Star Trek – The Next Generation Episode Yesterday´s Enterprise (dt. Die alte Enterprise) hat sie das Kommando auf der USS Enterprise NCC 1701-C, dem Vorgängerraumschiff von Captain Picards NCC 1701-D, inne. Rachel Garrett ist damit bisher der einzige weibliche Captain einer Enterprise in der Geschichte von Star Trek. Es ist daher mehr als passend, dass ihr in Embracing The Winds eine ihrer Vorfahrinnen den Weg dorthin ebnen durfte.
Andere Anspielungen auf feministische Geschichten oder Episoden mit einer Diskriminierungsthematik in Star Trek sind subtiler, aber nicht weniger passend. Das Drehbuch wirkt dadurch thematisch zwar durchkomponiert, aber vielleicht auch etwas zu konstruiert.
Kein Zeigefinger und keine Patentlösung
Embracing The Winds ist inhaltlich eine der rundesten Episoden von Star Trek Continues und gerade für ein modernes Publikum relevant. Dabei ist der größte Vorteil, dass die Pointe der Geschichte keine Patentlösung anbietet, sondern das Thema von vielen Seiten beleuchtet und so die Problematik im Umgang mit Feminismus und Alltagsdiskriminierung sehr anschaulich dargestellt wird.
Wer neugierig geworden ist kann sich die Episode direkt auf YouTube anschauen:
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Bilder mit freundlicher Genehmigung von Lisa Hansell.