Netflix tut es, Amazon tut es – aber tut es der Fernseher? Muss er überhaupt? Ein Aufklärungsversuch: Wem 4K/UHD etwas bringt, und wem nicht.
Wir reden so viel über Filme und Serien, da war es an der Zeit, auch mal was zur Flimmerkiste zu schreiben: Wie geht es weiter mit Heimkino und Co., und was hat es genau mit 4K auf sich? Macht es Film und Fernsehen drastisch besser?
Full-HD: Schnee von gestern?
Während bei Bildschirmauflösungen für die Arbeit am PC/Mac die Skala nicht zuletzt dank Apples Retina-Displays langsam aber sicher nach oben offen ist, dominiert im heimischen Wohnzimmer als Industriestandard seit Jahren der Full-HD Fernseher. Mit 1920×1080 Pixeln Auflösung zaubert er uns gestochen scharfe Bilder aus dem Äther, vom Blu-Ray-Player und aus dem Netz – und sorgt für regelmäßiges Fluchen über schlecht hochskaliertes Bildmaterial von nicht-HD Quellen, insbesondere im (frei empfangbaren) Fernsehen.
Ausgebliebene 3D-Revolution: Neue Hoffnung 4K?
Doch damit muss noch lange nicht Schluss sein – zumindest, wenn es nach den Technik-Giganten geht. Das nächste große Ding muss her! Nachdem die 3D-Revolution im Wohnzimmer ausgeblieben ist, konzentriert sich die Industrie seit einiger Zeit auf den nächsten Auflösungssprung zu 4K (oder auch UHD) (Ultra-HD). Dessen Auflösung liegt bei 3840×2160 Pixeln, ist also nach Adam Riese genau 4 mal so hoch wie beim herkömmlichen HD. Man verspricht noch höhere Detailtreue, bessere Farben, usw.
Eigentlich ganz einfach – doch was ist mit dem Henne-Ei Problem? Gibt es denn schon genug Material und Abspielgeräte? Man erinnere sich an die Anfänge des Blu-Ray-Zeitalters, als die PlayStation 3 sich trotz ihres horrenden Preises von über 500 € vor allem an Cineasten überraschend gut verkaufte, da sie damit immer noch günster war als die meisten anderen Blu-Ray-Player auf dem noch jungen Markt. Damals war die blaue Scheibe fast die einzige Möglichkeit, an echtes HD-Material zu kommen und Wow-Effekte am heimischen TV zu erleben (und der Grund, warum sich frühe, optisch beeindruckende Blu-Ray Releases wie Avatar und Unsere Erde in so vielen Wohnzimmern wiederfinden). Es folgten TV-Sender, und so kann man heute nahezu jeden nennenswerten Sender in HD empfangen, wenngleich außer bei den Öffentlich-Rechtlichen meist nur gegen Bares (RTL-Werbemarathon in HD, wer braucht es nicht?). Notiz am Rande: Die meisten HD-TV-Sender übertragen auch heutzutage gar kein „richtiges“ Full-HD sondern senden in 720p (HD-Ready) oder 1080i – das hat auch technische Gründe, macht aber für Otto Normalseher wohl eher keinen Unterschied.
Netflix, Amazon & Co: 4K-Durchbruch durch Streaming?
Heutzutage schaut man doch sowieso nicht mehr fern, sondern streamt – zumindest, wenn das Internet mitspielt. Hier zeigen Marktführer Netflix und Amazon Instant Video seit Jahren, wie es geht: Fast das gesamte Programm liegt in Full-HD vor, sofern Film/Serie neu genug und entsprechend produziert oder remastered wurden. Star Trek: The Next Generation wird bald in voller HD-Remaster-Pracht auf Netflix aufschlagen, während aber Pokémon Staffel 1 wohl weiter verwaschen bleibt.
Bei den Streamingdiensten findet sich denn auch das größte aktuell vorhandene Angebot an 4K-Inhalten: Netflix startete den 4K Betrieb recht früh und bot die Hits House of Cards sowie Breaking Bad in der neuen UHD-Auflösung an. Ab diesem Zeitpunkt wurden dann auch sämtliche Eigenproduktionen in 4K gedreht und hin und wieder auch Fremdserien und -Filme in der hohen Auflösung ins Angebot aufgenommen, wenn verfügbar.
4K-Technik für Filmemacher von morgen
Für Filmemacher ist der Umstieg auf 4K dann auch ein klarer Gewinn: Die höhere Auflösung (und je nach Standard auch bessere Farbtiefe) ist kein Nachteil, und wer sich das Equipment leisten kann: Warum nicht? Durch die lineare Steigerung der Auflösung lässt sich das Material problemlos auf Full-HD verkleinern, und man hat zur Not im Schneideraum sogar noch die Möglichkeit, auf HD umzusteigen und aus der riesigen Auflösung gewünschte Bildausschnitte nachzujustieren.
4K für zu Hause: Scharfes Gimmik oder echter Sehgewinn?
Doch was bringt das dem Zuschauer? HDTV hat noch davon profitiert, dass es mit der Volldigitalisierung von Film und Fernsehen einherging: Mit HDMI schaffte endlich ein Nachfolger des guten alten SCART-Anschlusses den Durchbruch, und HD-Ready war dank purzelnder Flachbildschirm-Panel-Preise auch bald Standard. Der wichtigste Punkt hierbei: Der sichtbare Unterschied zu den alten PAL/NTSC Standards war enorm und wurde von der neuen, nicht mehr analogen Schärfe nochmal verstärkt. Der Wechsel von Full-HD zu 4K fällt dann nicht ganz so offensichtlich aus und ist oft nur im direkten Vergleich zu erkennen. Zur Illustration dieses Umstands dienen die nachfolgenden drei Bilder:
Im ersten Bild ist das Motiv (verkleinert) einmal in Full-HD Auflösung und einmal in 4K-Auflösung zu sehen, um das Verhältnis klar zu machen. Sieht ziemlich beeindruckend aus, oder?
Im zweiten Bild ist rechts weiterhin das 4K-Bild, links aber das auf die Größe des 4K-Bildes hochskalierte Full-HD Version. Scharf sieht beides aus, auch wenn ein Unterschied im Detail durchaus erkennbar ist.
Das dritte Bild zeigt die beiden Versionen nochmal aufeinandergeschoben. Kaum zu glauben, dass man rechts eigentlich viermal so viele Details sehen sollte wie links. Sie sind da, aber hätte man sie vermisst?
Hier können Sie alle drei Bilder auch noch in der vollen UHD-Auflösung herunterladen – Achtung, groß! Tipp: Zoomen Sie in der UHD-Version von Bild 3 mal unten in der Mitte auf die Blumen, da ist der Auflösungsunterschied am besten erkennbar.
Übrigens: Mit dem Thema Farben & Kontrast befassen wir uns hier nicht weiter, da Unterschiede sowieso nur auf entsprechend ausgestatteten Displays erkennbar wären. UHD/4K hat dafür entsprechende Ansätze (z.B. HDR-Unterstützung) in den Standards, die aber längst nicht von allen UHD-geräten unterstützt werden – dafür gibt es dann nochmal den Standard „UHD Premium“. Aber auch da muss dann das Bildmaterial erstmal vorliegen.
Lohnt sich ein UHD/4K-Fernseher schon heute?
UHD/4K ist sicher die Zukunft, aber momentan noch kein Muss. Ja, man sieht den Unterschied, und in manchen Szenen von 4K-Produktionen entfleucht dem Zuschauer dann auch ein kleines „Oha!“ – aber man hätte wohl stets auch ohne die größeren Details leben können. Im TV-Bereich ringt man sich erst gerade langsam zu echtem Full-HD durch, und auch die „klassische“ Blu-Ray wird so schnell von der 4K-Version nicht abgelöst werden – hey, die meisten Filme erscheinen doch heute noch parallel auf einer DVD!
Aber: Die Menge von 4K-Quellen nimmt stetig zu; das Format ist definitiv angekommen. Sogar Handy-Kameras von High-End Geräten nehmen schon im „neuen“ HD auf, Microsofts neueste Xbox One S unterstützt die neue Auflösung ebenfalls. Wer eine Neuanschaffung plant, sollte sich 4K-Geräte daher durchaus mal ansehen. Mittlerweile sind auch bezahlbare Geräte zu haben und insbesondere bei großen Bilddiagonalen (Fernseher über 50″ oder Beamer) haben 4K-Geräte den Vorteil, das man auch aus der Nähe keine Pixel im Bild erkennen kann – wenn man denn so nah davor sitzen muss. Bei normal großen TV-Geräten (sagen wir bis ca. 42″) kann guten Gewissens weiterhin zu günstigen, hochwertigen Full-HD Geräten gegriffen werden; von den sonstigen Qualitätsmerkmalen wie Farbtreue oder auch Smart-TV Features hat man momentan insgesamt noch mehr als von 4K-Auflösung.
Ach, und 8K ist natürlich auch schon in Planung.