Alien: Covenant – Mal Sequel, mal Prequel

Mit Alien: Covenant kommt der inzwischen achte Film um das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt ins Kino. Dabei soll der von Ridley Scott inszenierte Film als Grundstein für eine Brücke zwischen Prometheus (2012) und Alien (1979) dienen.

10 Jahre nach den Ereignissen von Prometheus landet die Crew des Kolonisationsschiffs Covenant auf einem verlassenen Planeten. Dort machen sie die Begegnung mit ein paar parasitären Lebensformen, die ihnen nicht unbedingt wohlgesonnen sind.

Ein Sequel zu Prometheus

Der 2012 erschienene und von Ridley Scott gedrehte Prometheus musste viel Kritik einstecken. Manche störten sich an dem wirren Drehbuch, dass unzählige interessante Fragen stellte, aber keine Antworten lieferte. Andere waren enttäuscht, dass in dem Prequel zu Alien kein Alien vorkam. Ich habe Prometheus mehrmals geschaut, zu letzt vor etwa einer Woche, und kann die Kritik an dem Film sehr gut verstehen, mag ihn aber dennoch aufgrund seiner tollen Optik und interessanten Themen.

Die Crew des Kolonisationsraumschiffs Covenant. © Twentieth Century Fox France

Die Produzenten von Alien: Covenant scheinen die Kritik der Fans gehört zu haben und entschieden sich für weniger Prometheus und mehr Alien, ohne jedoch komplett auf das Prometheus-Sequel verzichten zu wollen. Was Covenant von Prometheus übernimmt, ist das tolle Setdesign und den religiösen Subtext, auch wenn dieser nun deutlich runtergefahren ist. Statt der Suche nach Gott, bzw. den Schöpfern der Menschheit geht es viel mehr um das Schöpfertum selbst, und wie sich die Schöpfungen in Frankenstein’scher Manier gegen den Schöpfer wenden kann. Dieses Setup gelingt äußerst gut und lässt das erste Drittel des Films zum Highlight werden. Die neuen Charaktere, deren Stärken und Schwächen und die Beziehungen zueinander werden schön eingeführt und machen gespannt darauf, was passiert, wenn sie auf die ein oder andere Monstrosität stoßen. Doch genau dort verliert der Film seine Linie und wurde für mich zu einem sehr frustrierenden Erlebnis, gerade weil die Einführung so gelungen ist.

In den gelungeneren Momenten des Films mischt sich Altbekanntes mit neuem Horror. © Twentieth Century Fox

Was Alien: Covenant für mich letztendlich das Genick bricht, ist, dass er sich nicht traut, die interessanten Fragen aus Prometheus zu beantworten. Am Ende von Prometheus machte sich Dr. Elisabeth Shaw auf den Weg zur Heimatwelt der Engineers, um in Erfahrung zu bringen, warum diese die Menschheit erst erschufen und dann auslöschen wollten. Spätestens im zweiten Drittel von Alien: Covenant wird klar, dass die Autoren John Logan und D. W. Harper kein Interesse hatten, dieses Versprechen von Antworten einzuhalten. 

Spoiler

Wie sich herausstellt, hat David die gesamte Zivilisation der Engineers und obendrein noch Elisabeth Shaw getötet. Die in Prometheus aufgeworfenen Fragen bleiben also für immer unbeantwortet.

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Aber gut, versuchen wir diesen metaphorischen Mittelfinger an die Fans von Prometheus zu verzeihen. Betrachten wir den Film vielleicht eher als das, was er gemäß dem Titel wahrscheinlich eher sein will…

Ein Prequel zu Alien

Das größte Problem, was Alien: Covenant plagt, ist der Versuch der Autoren, alle Mysterien des originalen Alien-Filmes von 1979 aufklären zu wollen. Woher kommt dieses unheimliche Wesen aus einer fremden Welt? Wer hat es geschaffen? Warum wurde es überhaupt geschaffen? Diese Fragen beschäftigten früher unsere Phantasie. Wir mussten uns selbst überlegen, was mit dem Piloten des abgestürzten außerirdischen Raumschiffs geschehen ist, und warum dieser hunderte von Alien-Eiern mit sich transportierte. Man kann so weit gehen zu sagen, dass gerade dieses Mysterium die erste Hälfte von Alien fast reizvoller macht als die zweite Hälfte, in der das titelgebende Wesen die Crew der Nostromo hinrafft. Covenant droht nun, allen Spielraum für Phantasie zu verdrängen und eine eindeutige, durchrationalisierte Abfolge der Ereignisse zu schildern, die gradlinig zum Anfang von Alien führt. Eventuell hätte dies funktionieren können, wäre diese Origin-Story nicht so berechenbar und an den Haaren herbeigezogen.

Spoiler

In den tiefsten Tiefen des Alls ist ausgerechnet der von Menschen geschaffene David (Michael Fassbender) der Erschaffer der Xenomorphs. In einem unendlich weiten Universum kommt diese völlig fremdartige Kreatur natürlich ausgerechnet von uns selbst.

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Für die philosophischen Momente sorgt Michael Fassbender in seiner Doppelrolle als David und Walter. © Twentieth Century Fox

Es stellt sich die Frage, warum wir heute für alles eine eindeutige Erklärung brauchen? Eigentlich sollten wir doch wissen, dass die Frage, wie ein Zaubertrick funktioniert, viel interessanter ist als die Antwort. Aber vielleicht sind es die unsicheren Zeiten, in denen wir leben, die in uns das Verlangen wecken, alles verstehen, alles rationalisieren zu wollen. Wo Prometheus vielleicht etwas zu viel Fokus auf das Mysterium legte, ohne Antworten zu liefern, gibt uns Alien: Covenant die Antworten auf Fragen, die wir gar nicht gestellt haben. Es wirkt so, als würde Ridley Scott sein eigenes Franchise nicht mehr verstehen.

Doch auch abgesehen von dieser Fehlkalkulation, alles erklären zu wollen, begeht Covenant einige Patzer, die nur schwer zu verzeihen sind. Wie in einem Teenie-Slasherfilm der 80er Jahre werden Charaktertode dadurch angekündigt, dass das jeweilige Opfer laut verkündet, es werde mal kurz pinkeln gehen oder sich etwas frisch machen. Man muss sich ernsthaft fragen, ob Ridley Scott und seine Drehbuchautoren seit 20 Jahren keine Horrorfilme mehr geschaut haben, um zu glauben, dieser billige Trick, die Opfer von der Gruppe zu trennen, würde noch funktionieren.

Auch kann der groß angekündigte Auftritt des Xenomorph nur wenig überzeugen, da es recht unspektakulär eingeführt wird, anstatt gebührend episch in Szene gesetzt zu werden. Der letzte Akt, in dem die Protagonisten gegen das Wesen kämpfen müssen, wirkt wie der Originalfilm im Schnelldurchlauf. Es ist enttäuschend zu sehen, dass den Filmemachern scheinbar keine neuen Situationen eingefallen sind, Menschen gegen ein Alien antreten zu lassen, da Covenant die Alien-Formel Punkt für Punkt abarbeitet. Da es sich hier um ein Prequel handelt, entwertet dies die Ereignisse des Originalfilms zusätzlich, da diese so nichts besonderes mehr sind. Ripley brauchte einen ganzen Film, um ein Alien zu besiegen. Doch das haben nun schon andere vor ihr geschafft, und brauchten nur 20 Minuten dafür. Ripley ist wohl doch nicht so tough, wie wir immer dachten…

Der Neomorph, ein willkommener Neuzugang im Alien-Universum. © Twentieth Century Fox

Fazit

Natürlich ist es cool, Facehugger und Xenomorphs durch tolle Computereffekte in Aktion zu erleben und einige neue Kreaturen kennen zu lernen, welche auf neue ekelerregende Weisen aus den Körpern ihrer Wirte heraus platzen. Auch ist lobend hervorzuheben, dass der Film sich zu Anfang viel Zeit für die Charaktere nimmt und diese toll einführt. Neben offensichtlicheren Charaktermomenten mit Michael Fassbender in einer Doppelrolle stach für mich ein subtilerer Moment heraus, der die homosexuelle Beziehung zweier männlicher Crewmitglieder andeutete, ohne diese zu vertiefen oder einen Fokus darauf zu legen. Der Moment ist so kurz, dass man ihn durch ein blinzeln verpassen könnte, wurde von mir jedoch besonders geschätzt. Auch die brutalen und ekelerregenden Szenen waren ebenso gelungen wie die zahlreichen Anspielungen auf Kunst und Religion. Ich kann nicht guten Gewissens Alien: Covenant als schlechten Film abstempeln, da er neben allen negativen Punkten so viele positive Elemente hat. Aber gerade das macht ihn umso frustrierender.

Alien: Covenant läuft seit dem 18.05. in den deutschen Kinos.

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